Verkehrswende in Siegburg!? Diskussionsveranstaltung mit Patrick Tollasz
Am 19. Oktober um 18 Uhr informierte der Mobilitätspolitische Sprecher der Linksfraktion Bonn im Ausschuss für Mobilität und Verkehr über die Verkehrswende in Bonn. Während in Bonn ein Aufbruch zu einer Verkehrswende langsam sichtbar wird, erscheint Siegburg weiterhin im "Tiefschlaf". Mitglieder diskutierten die Möglichkeiten hin zu einer Verkehrswende für Siegburg.
Die Veranstaltung hatte am Donnerstag, 19.10.2023 um 18 Uhr im Büro von DIE LINKE. Rhein-Sieg, Mühlenstraße 46, Siegburg, stattgefunden.
DIE LINKE. Siegburg fragt sich: Gibt es eine Verkehrswende in Siegburg?
Und: Ist das alles?
- Neue Fahrradständer am Bahnhof…
- Radfahren in der Innenstadt…
- Lahmes entwickeln eines Mobilitätsplans…
Ergänzt werden diese bisher dürftigen "Maßnahmen" dadurch, dass die Ratsmehrheit aus CDU/Grünen im Bauprojekt "Haufeld" mindestens 650 neue Parkplätze plant und die innerstädtische Buslinie 509 von Linienverkehr auf Taxi-Ruf heruntergestuft wird.
Da in Siegburg derzeit ein Mobilitätsplan erarbeitet wird (SUMP - Sustainable Urban Mobility Plan) erarbeitet wird, führte Patrick mit der Erfahrung aus Bonn in seinen Vortrag ein, dass ein Mobilitätsplan vor allem als verzögernder Faktor für Veränderungen zu betrachten ist. Es dauert lange einen solchen Mobilitätsplan zu erarbeiten - die Abstimmungen zu einem Konzept sind aufwendig - und dann wenn der Mobilitätsplan dann endlich fertig ist, dann werden folgende Bedenken vorgetragen: Die Daten, die zur Erstellung des Mobilitätsplans herangezogen wurden, sind ja nicht mehr aktuell... Lediglich die im Zusammenhang mit dem Mobilitätsplan in Bonn erhobenen Verkehrsdaten hatten aus Patricks Sicht einen nutzen. Diese bieten die Grundlage dafür, dass mit diesen Zahlen untersucht werden kann, welche Veränderungen durch vorgenommen Veränderungen in der Verkehrsgestaltung erreicht wurden (z.B. ob weniger Autos unterwegs sind und ob mehr Menschen den ÖPNV oder das Rad nutzen).
Ausgehend für die Veränderungen in Bonn hin zu einer Verkehrswende seit der letzten Kommunalwahl war aus Patricks Sicht vor allem, dass ein aus einem breiten Bündnis getragener "Rad-Bürgerentscheid" (Radentscheid Bonn | Bonn steigt auf! (radentscheid-bonn.de) den Kommunalwahlkampf begleitet hatte. Dieser Bürgerentscheid, an dem Mitglieder unserer Partei DIE LINKE. in Bonn mitgewirkt hatten, war erfolgreich und gab der neuen Ratsmehrheit aus Grünen, SPD, Volt und LINKEn eine Legitimation für Veränderungen. Die vorherige Ratsmehrheit in Bonn war eine Schwarz/Grüne - in dieser Zeit hatte sich allerdings kaum etwas getan - es wurden im maximal die Konzepterstellung und Planungen angestoßen.
Bei den bereits angestoßenen Veränderungen war es der neuen Bonner Ratsmehrheit wichtig eine "positive Erzählung" zu erreichen: man will Kinder schützen - man will Fussgänger schützen...
Durch den erfolgreichen Radentscheid war bei den Schritten zu einer Verkehrswende der Radverkehr eine Priorität. Beispielhaft wurden folgende Veränderungen angegangen:
- Fahrradstraßen wurden umstaltet; Parkplätze und Autos werden nun nach und nach aus Fahrradstraßen verbannt; die ehemalige Ratsmehrheit hatte zwar Fahrradstraßen mit Schildern gekennzeichnet - sonst aber nichts geändert, so dass faktisch keine nennenswerte Veränderung eingetreten ist.
- Gehwege sollen nun die Regel-Gehwegbreite von 1,50m erhalten, damit alle Fussgänger*innen (mit Kinderwagen, radfahrenden Kindern, Alt und Jung) die Gehwege gut nutzen können; dies wird zu Lasten von Parkplätzen gehen müssen; auch hier sind in Bonn Veränderungen im Gange.
- Radwege: Markierungslösungen funktionieren aus Sicht den Mobiliätspolitischen Sprechers aus Bonn gut; eine Bedingung hierfür ist, dass die Markierungen ausreichenden Platz für Radfahrer*innen lassen - wie z.B. auf der Oxfordstraße, ob eine komplette Fahrspur für den Radverkehr zur Verfügung steht.
- Bahnverkehr: Der Ausbau des ÖPNV ist - gerade im Vergleich zum Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur - eine langwierige Sache. Die Taktverdichtung der Linie 66 (für 2026 geplant) geht auf Planungen vor etlichen Jahren zurück.
- Sozial-gerechte Mobilität: Der Fraktion DIE LINKE. im Rat in Bonn war vor allem ein günstiges Ticket im Bonner Stadtgebiet wichtig - sie hat sich in der Fraktion für die Einführung eines solchen Tickets eingesetzt. Für Schüler*innen und Sozialleistungsbezieher*innen ist das Bonner-Sozialticket jetzt für 19€ im Monat erhältlich. Diese Maßnahme war auch schnell umsetzbar.
Aktuell stellt sich die Umsetzung von weiteren fortschrittlichen Maßnahmen zur Förderung der Verkehrswende als zäher dar, als es zu Beginn der Legislaturperiode war. Zum einen sind die Kapazitäten in der Stadtverwaltung für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen begrenzt. Aber es gibt auch Widerstände in Bonn. Aktuell betreibt ein Bündnis aus Wirtschafts- und Handelsorganisationen eine Kampagne gegen die weitere Maßnahmen hin zu einer Verkehrswende. Allerdings gebe es auch von einzelnen Koalitionspartnern Betrebungen von weiteren Maßnahmen Abstand zu nehmen - aus Patricks Sicht aus Angst vor der nächsten Wahl.
Die Siegburger Bedingungen wurden von den Anwesenden als nicht vergleichbar mit den Bonner Verhältnissen betrachtet. So fehlt in Siegburger ein über- bzw. unparteiliches Bündnis, um die Verkehrswende voranzubringen. Aber auch die Haushaltssituation in Bonn weicht von der Siegburger Situation ab - die Rolle Siegburgs als für die Region wichtiger Verkehrsknoten mit den entsprechenden Verkehrsmengen steht in keinem angemessenen Verhältnis zum in Siegburg für Verkehr und Mobilität benötigten Geld. Die bedauerlichen Siegburger Verkehrsverhältnisse werden sich wohl bei ähnlichen Mehrheiten in Stadtrat, Landkreis, Landesregierung und Bundesregierung nicht zügig ändern. Es bleibt lediglich der Versuch punktuell Veränderung hin zu einer Verkehrswende anzuschieben. Auch wenn wir als LINKE keine Hoffnung in den Mobilitätsplan setzen, so werden wir uns dennoch in diese Prozesse als Bürger*innen einbringen und rufen alle auf, sich daran zu beteiligen.