„Queer ist Klasse!“ – CSD in Siegburg

Linksjugend und DIE LINKE. Rhein-Sieg freuen sich über hohe Teilnahme am Siegburger CSD

Unter dem Motto "Queer ist Klasse" oganisierten die Linksjugend ['solid] Rhein-Sieg und die Grüne Jugend Rhein-Sieg am 17. Juni 2023 einen Christopher Street Day in Siegburg. DIE LINKE. Rhein-Sieg unterstützte den CSD strukturell und personell.

Im Vorfeld: Licht und Schatten

Schon bereits im Vorfeld waren die Organisator*innen erfreut über die positiven Reaktionen, die ihnen von den Siegburger Bürger*innen entgegengebracht wurde.  So fand die Pressemitteilung eine weitere Resonanz in der lokalen Presse und wurde auch in den sozialen Medien vielfacht geteilt und mit positiven Kommentaren versehen. Doch die große Resonanz führte auch zu einer unerfreulichen Entwicklung: Wenige Tage vor dem CSD kündigte eine lokale Nazi-Gruppe an, beim CSD "Präsenz" zu zeigen. Durch gute Kontakte zum antifaschistischen Selbstschutz konnte jedoch die Sicherheit der Teilnehmer*innen gewahrt bleiben.

Demoauftakt

Die Demo begann pünktlich um 12 Uhr bei strahlendem Sonnenschein vor dem Siegburger Bahnhof. Hier begrüßte Judith Serwaty, Mitglied des Landesvorstandes und Geschäftsführerin des Kreisverbandes Rhein-Sieg, die ca. 150 Teilnehmer*innen. Sie machte deutlich, unter welchem Leitmotiv der CSD stand: "Ich bin stolz darauf, dass wir auch hier in Siegburg, in der Provinz, einen politischen Aufzug durchführen, statt einer karnevalistischen Parade". Anschließend übergab sie Theofilos Effraimiadis das Mikrofon. In seiner kämpferischen Rede machte er deutlich, dass es zu einer wirklichen politischen Teilhabe queerer Menschen auch im vermeintlich progressiven Westen noch ein weiter Weg ist. Als tieferliegenden Grund machte er aus, dass das kapitalistische System gesellschaftliche Fortschritte nur in soweit toleriere, dass diese die Profite der Kapitalist*innen nicht gefährden. Eine Ansicht, die angesichts des Applauses ein Großteil der Anwesenden teilte. Weiterhin kritisierte er den Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes als vollkommen unzureichend und machte deutlich, dass selbst mit der Verabschiedung des Gesetzes Deutschland bald das erste Land der Welt sein könnte, in dem es einfacher ist, Steuerbetrug zu begehen als den Geschlechtseintrag zu wechseln. Auch hierfür erntete er zustimmenden Applaus. Doch auch die Kreisverwaltung des Rhein-Sieg-Kreises wurde dafür kritisiert, dass sie Zahlen zur Gewalt an queeren Menschen im Rhein-Sieg-Kreis zurückhält.

Störungsversuche

Statt der angekündigten Nazis gab es wiederholt Versuche eines einzelnen Menschen, die Demo zu stören, indem Menschen ohne ihr Einverständnis fotografiert wurden. Die eingesetzten Ordner*innen suchten daher das Gespräch mit dem Störer, wodurch dieser die Flucht antrat. So setzte sich auch der Demozug lautstark in Bewegung und wurde von den Passant*innen immer wieder mit zustimmenden Gesten unterstützt.
Doch auf Höhe des Marktplatzes hatte sich eine christliche Freikirche aufgebaut, die offensiv versuchte, Teilnehmer*innen der Demonstration anzusprechen und ihr Material zu verteilen. Doch über reißenden Absatz konnten sich nur die Mülleimer in der Siegburger Innenstadt erfreuen, in denen das Material der Freikirche seine wohlverdiente Endlagerstätte fand. Doch die Störversuche konnten den CSD nicht bremsen: Lautstark ging es weiter durch die Innenstadt.

Nächste Station: AfD-Büro

Der nächste Halt fand auf Höhe der Kaiserstraße 116 statt. Hier hat ein Bundestagsabgeordneter der AfD sein Büro. Als Judith Serwaty den Teilnehmer*innen den Grund des Haltes mitteilte, erschallten laute Buhrufe. Der Abgeordnete selbst war, wie so häufig, nicht in seinem Büro anwesend. Zu schade, wurden ihm und der AfD in dem anschließenden Redebeitrag der Linksjugend ordentlich die Leviten gelesen. Insbesondere wurde die queerfeindlichen Teile des Programms der AfD herausgerarbeitet und darauf aufmerksam gemacht, dass es mit der AfD keinen gesellschaftlichen Frieden geben darf.
Doch ebenso wurde deutlich kritisiert, dass auch Politiker*innen anderer Parteien sowie weitere Akteur*innen auf den queerfeindlichen Zug aufspringen und hierbei finanziell von Millionär*innen wie Joanne K. Rowling unterstützt werden. Doch auch Sahra Wagenknecht, Noch-Mitglied von DIE LINKE, wurde deutlich dafür kritisiert, mit ihren queerfeindlichen Thesen in ihrem Buch "Die Selbstgerechten" Geld zu verdienen statt sich für Queers und ihre Belange einzusetzen. 

Der Wendepunkt: St. Anno in Driesch

Vom AfD-Büro ging es nach Siegburg-Driesch. Vor der Kirche St. Anno erinnerte Patrick Haas, Geschäftsführer von DIE LINKE. Rhein-Sieg und der Linksjugend, an das Schicksal des Siegburgers Johann Ballensiefen, der als Homosexueller von den Nazis ermordet wurde und in Siegburg-Driesch geboren wurde. In seiner Rede spannte er einen Bogen von dem systematischen Unrecht, dass queere Menschen auch nach der Befreiung vom Faschismus erlitten haben und kritisierte die staatliche Erinnerungspolitik, in der queere Menschen nach wie vor nur einen ungenügenden Platz finden.
Nach dem Redebeitrag wurde mit dem Lied "Somewhere over the rainbow" der ermordeten Queers gedacht.

Letzte Station: Das Kriegerdenkmal

Nach diesem emotionalen Moment zog die Demo, wie zuvor in kämpferischer Atmosphäre, durch die Innenstadt. Auch hier äußerten viele Passant*innen ihre Zustimmung. Den Schlusspunkt der eigentlichen Kundgebung setzte Katharina Blank, Mitglied des Kreistages für DIE LINKE und Sprecherin des Kreisverbandes Rhein-Sieg der Partei DIE LINKE, mit ihrer Rede zu Reproduktionsrechten. Mit diesem Fachwort ist vereinfacht ausgedrückt das Recht von Frauen gemeint, über den eigenen Körper zu bestimmen. Eine Selbstverständlichkeit, die aber in der Bundesrepublik immer noch nicht der Fall ist. Viele Beispiele aus gerichtlichen Entscheidungen untermauerten die Richtigkeit ihrer Ausführungen. Folglich konnte die Rede in einer polemischen Abrechnung mit allen queer- und frauenfeindlichen Bestrebungen ein zutreffendes Ende finden.

Ausklang: Grußwort des Bürgermeisters, Podiumsdiskussion und Straßenfest

Seinen Ausklang fand der CSD mit einem kleinen Straßenfest am S-Carre. Das Fest eröffnete eine Rede von Pauline Gödecke, Schatzmeisterin der Grünen Jugend Rhein-Sieg und Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen Rhein-Sieg. Auch sie erinnerte an die historischen Wurzeln des Christopher Street Days und machte deutlich, dass es eine Repolitisierung des CSDs braucht. 
Anschließend kam große Freude auf, dass der Bürgermeister der Stadt Siegburg, Herr Stefan Rosemann, die Zeit für einen spontanen Besuch fand und die Teilnehmer*innen des Straßenfestes mit einem Grußwort beim CSD begrüßte.
Den politischen Teil des Straßenfestes komplettierte eine Podiumsdiskussion mit Pauline Gödecke als Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen, Dominik Goertz als queerpolitischer Sprecher von DIE LINKE. NRW sowie Lucas und Solveigh von SCHLAU Rhein-Sieg, einem Netzwerk zur queeren Bildungsarbeit.

Der Podiumsdiskussion schloss sich eine kleine Party an. Hier wurde bei Musik, Snacks und Getränken noch ausgelassen der CSD gefeiert, bevor die Veranstaltung gegen 15:30 Uhr beendet wurde.