Herausforderungen moderner Bildungspolitik – Aktuelle Probleme und linke Lösungsvorschläge
Am 24.08.2017 lud die Linksjugend [solid] Hamm zu einer Diskussion rund um das Thema »Bildungspolitik« ein. Als Referent war unser Königswinterer Genosse Bastian Reichardt anwesend, um über die Herausforderungen moderner Bildungspolitik zu sprechen. Im Vortrag wurden die Lösungsansätze der Linkspartei für einige Missstände im deutschen Bildungssystem erörtert.
Schon im Landtagswahlkampf 2017 machten alle Oppositionsparteien und DIE LINKE deutlich, dass die Politik der rot-grünen Regierung in diesem Bereich erhebliche Probleme verursacht hat. So veröffentlichte der WDR eine großangelegte Studie mit dem Ergebnis, dass 85% der Schulen in NRW sanierungsbedürftig seien. 19% der befragten Schulleiter stuften den Zustand der Schulgebäude sogar als gefährlich ein. Insgesamt – so rechnet die WDR-Studie hoch – liegt in NRW ein Sanierungsstau in Höhe von € 2.5 Mrd vor. Zusammen mit Schulministerin Sylvia Löhrmann reagierte Hannelore Kraft mit dem Programm »Gute Schule 2020« - einem zinsfreien Kredit der NRW.BANK in Höhe von € 2 Mrd. Was auf den ersten Blick gut aussieht, stellt sich jedoch schnell als Augenwischerei heraus. Zwar wird die Tilgung des Kredits vom Land übernommen. Jedoch ist diese Neuverschuldung auf ein Versäumnis der Landesregierung zurückzuführen. Seit dem Amtsantritt von Hannelore Kraft im Jahr 2010 stiegen die Gesamteinnahmen des NRW-Haushaltes um ein Drittel. Die sogenannte Schulpauschale – also die Gelder, die den Kommunen gemäß Gemeindefinanzierungsgesetz §17 zum Erhalt der Schulgebäude zur Verfügung gestellt werden – wurde in diesen sieben Jahren um keinen einzigen Euro erhöht (siehe Grafik). Der Sanierungsstau ist die logische Konsequenz einer verfehlten Sparpolitik.
Als Wahlkämpfer konnte Armin Laschet daraus Profit schlagen und völlig zurecht darauf hinweisen, dass die Schulpauschale dynamisiert werden muss. Nimmt das Land mehr ein, dann wird auch den Kommunen mehr zur Verfügung gestellt. Der Wahlkämpfer Armin Laschet ist aber jemand anderes als der Ministerpräsident Armin Laschet. Der im Turbogang ausgehandelte Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP erwähnt die Schulpauschale mit keinem Wort. Eine Dynamisierung ist darin nicht vorgesehen.
Dass die Bildungspolitik eine Sache der Länder ist, bedeutet nicht, dass sie im Bundestagswahlkampf keine Rolle spielt. Es ist gerade der Bildungsföderalismus, der erhebliche Probleme nach sich zieht. Die 16 unterschiedlichen Bildungssysteme in Deutschland sollen den Wettbewerb zwischen den einzelnen Ländern befördern und so Innovationskraft generieren. De facto bewirken die Ausmaße des Föderalismus allerdings so manche Absurdität. Wer beispielsweise berufsbedingt von NRW nach Brandenburg umziehen muss und sein Kind, das bisher die 5. Klasse eines Gymnasiums besucht hat, in Brandenburg einschulen muss, wird vor die absurde Situation gestellt, dass das eigene Kind nun noch einmal die Grundschule besuchen muss, da Berlin und Brandenburg eine sechsjährige Grundschulzeit vorsehen. Es sind diese Fallgestaltungen, an denen sich die Notwendigkeit einer Begrenzung des Föderalismus deutlich zeigt.
Mit der Föderalismusreform von 2006 verschärfte sich die Situation allerdings noch einmal. Das sogenannte Kooperationsverbot sieht vor, dass die Schulen nicht mehr aus den Mitteln des BMBF finanziert werden dürfen. Art. 91b des Grundgesetzes ermöglicht dem Bundeshaushalt nunmehr die Förderung von Exzellenz-Initiativen an deutschen Hochschulen. Gleichzeitig zieht sich der Bund aus der Finanzierung von Universitätsgebäuden zurück. Die Länder müssen nunmehr 60% der Ausgaben, die für den Bau und Erhalt der Gebäude nötig sind, selbst zahlen. Die Folge ist recht einfach: Es kommt zu einem Rückgang in der universitären Grundfinanzierung und dadurch bedingt zu Stellenstreichungen bzw. Ketten-Befristungen. Im Zuge der Föderalismusreform waren es gerade die Lehramtsstudiengänge, die in den späten 2000ern aufgrund dieser Sachlage landauf und landab eingestellt wurden. Der jetzige Lehrermangel ist die Folge.
Man darf hier nur auf eine starke LINKE hoffen, um ein Umdenken zu provozieren: Weg von einem Schul- und Bildungssystem, das auf Konkurrenz ausgelegt ist. Hin zu Kooperation!